Forscher suchen den Bitter-Blocker

von Stefanie Reinberger, erschienen bei Spiegel-Online, am 1.2.2006

 

Was manche Menschen ihr Leibgericht nennen, löst bei anderen tiefe Abscheu aus. Wissenschaftler erkunden immer präziser, wie die Geschmacksrezeptoren zu den unterschiedlichen Vorlieben beitragen - und wie sie sich blockieren lassen, um Bitteres einfach auszublenden.

 

Sandra verzieht das Gesicht. Am liebsten würde sie das Gemüse, von dem sie soeben gekostet hat, sofort wieder ausspucken - so bitter schmeckt es. Doch das verbietet die Höflichkeit, schließlich ist sie eingeladen. Ihre Gastgeber, ein Kollege aus Kamerun und seine Frau, scheinen an dem Gemüse nichts Auffälliges zu bemerken. Im Gegenteil, sie genießen den Geschmack des spinatähnlichen Grünzeugs, handelt es sich doch um Ndolé, ein Nationalgericht aus ihrer afrikanischen Heimat. Als wichtigste Zutat dient die gleichnamige Pflanze, die man in afrikanischen Geschäften unter der Bezeichnung Bitterblatt kaufen kann.

Nomen est omen, wie Sandra soeben erfahren hat. Doch dass ihr das afrikanische Gemüse im Gegensatz zu ihren beiden Gastgebern nicht so recht munden will, hat nicht nur kulturelle, sondern auch genetische Gründe. Wie wir einen bestimmten Geschmack wahrnehmen - so wissen wir heute -, ist keine ausschließliche Frage von Erziehung und Gewohnheit. Vielmehr wird unsere Empfindung von der Zusammensetzung unserer Geschmacksrezeptoren geprägt - und die ist angeboren.

 

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